Nach dem Gymnasium in Yverdon-les-Bains begann ich ein Medizinstudium an der Universität Lausanne, was jedoch nicht das Richtige für mich war. So schrieb ich mich an der EPFL im Studiengang Bauingenieurwissenschaften ein. Ich habe das Jahr nicht bestanden. Eigentlich gefiel es mir, aber es war nun klar, dass ein Universitätsstudium nichts für mich ist. Dank dieser Erfahrung wusste ich jedoch, dass ich meinen Weg gefunden hatte. So machte ich die Passerelle „APFI“ in Yverdon [https://heig-vd.ch/a-propos/politique/egalite-diversite/programmes-egalite/apfi] – die nur für junge Frauen ist – und ein Praktikum im Ingenieurbüro OPAN Concept in Neuenburg. Und ich schrieb mich schliesslich an der HTA-FR im Studiengang Bauingenieurwesen ein.

Ich entschied mich für Freiburg, nachdem ich alle technischen Fachhochschulen der Westschweiz besucht hatte, und diese Entscheidung war für mich ganz klar. Die Stadt zog mich wegen ihrem sehr studentischen Charakter und auch wegen der fantastischen Altstadt an. Ich zog Freiburg gegenüber Yverdon vor, weil ich einen Tapetenwechsel brauchte – ich bin in der Nähe von Yverdon aufgewachsen. An der HTA-FR fand ich schliesslich eine Atmosphäre und eine Betreuung, die es mir ermöglichten, mich zu entfalten.

Das Bauingenieurwesen ist ein sehr breites Gebiet; ich denke, das ist es, was mir am meisten gefällt. Ich bin tatsächlich an allem interessiert und neige dazu, immer noch mehr machen zu wollen. In diesem Sinne habe ich das Bauingenieurwesen wohl stets als ein Gebiet betrachtet, in dem man sich nicht langweilen kann.

Ausserdem schätze ich die Tatsache, dass man das Ergebnis „sehen“ kann; Bauen ist etwas Konkretes.

Ich sehe mich innerhalb des Studiengangs eher als Studierende des Bauingenieurwesens denn als Frau. Ich bin in erster Linie hier, um zu lernen und Ingenieurin zu werden, so wie meine männlichen Klassenkollegen. Für mich spielt also das Geschlecht keine Rolle und ich hoffe, dass eines Tages niemand mehr diesen Unterschied macht.

Ich spüre übrigens um mich herum selten, dass dieser Unterschied gemacht wird. Wenn es passiert, ist es mir wichtig, meine Meinung zu äussern und wenn möglich klar zu machen, warum dem Frausein im Bauingenieurwesen nicht mehr Bedeutung zugemessen werden sollte als der Tatsache, dass man eine Ingenieurin ist.

Ich denke, dass eine gewisse zahlenmässige Gleichheit erreicht werden muss, um Gleichheit in den Köpfen zu verankern, auch wenn ich das ein wenig traurig finde. Für mich ist es wichtiger, dass jede und jeder das machen kann, was sie oder er gerne tut, aber das scheint noch nicht die Realität zu sein.

Es ist letzten Endes ein Kreis – zurzeit noch ein Teufelskreis: Da es in den technischen Bereichen wenig Frauen gibt, haben die Mädchen keine Vorbilder, obwohl es eigentlich auch für sie normal sein sollte, ein technisches Studium in Betracht zu ziehen. Deshalb brauchen wir mehr Frauen in den Ingenieurwissenschaften: um noch mehr Frauen zu motivieren und dazu zu ermutigen, diesen Weg einzuschlagen.

Gleichberechtigung lag mir schon immer am Herzen. Darüber zu schreiben und junge Frauen dazu zu ermutigen, ein technisches Studium aufzunehmen, ist also so etwas wie eine offizielle Umsetzung meiner Überzeugungen.

Ich gehöre zu jenen, die keine Angst vor Konflikten haben. Als Botschafterin für die Gleichstellung habe ich die Möglichkeit, in der Gleichstellungsdebatte aktiv zu sein. Vor allem möchte ich zeigen, dass alle ihren Platz da haben, wo sie es wollen.

Nach meinem Studium möchte ich gerne eine Zeit lang im Ausland arbeiten, in einem oder mehreren Ländern, in denen das in der Schweiz erworbene Know-how benötigt wird. Ich bin zur Hälfte Indonesierin und ich konnte realisieren, wie viel es in manchen Ländern in den Bereichen Sicherheit und Komfort der Bevölkerung noch zu tun gibt. Als Bauingenieurin möchte ich gerne zur Entwicklung dieser Regionen beitragen.

Danach hoffe ich in einem Ingenieurbüro in der Schweiz meinen Platz zu finden. Schwierig ist, sich für einen der vielen Bereiche des Bauingenieurwesens zu entscheiden.